ARPA – Tool für Chor- und Orchestermanagement

Info­sei­te zum lau­fen­den Pro­jekt digi­ta­ler Ent­wick­lung bei ORSO, geför­dert durch die Ber­li­ner Senats­ver­wal­tung für Kul­tur und Europa.

Was ist ARPA? 
ARPA – nicht zu ver­wech­seln mit DAR­PA ;-) – steht im Ita­lie­ni­schen für die “Har­fe”, das kom­ple­xes­te Instru­ment eines Sym­pho­nie­or­ches­ters. ARPA lässt sich auch als Akro­nym lesen für “Artists Rela­ti­onships & and Pro­ject­ma­nage­ment Appli­ca­ti­on”. Bei ARPA han­delt es sich um ein Tool, was ich über die Jah­re 2017–2019 mit­hil­fe von File­ma­ker (Fir­ma “Cla­ris”, Toch­ter­un­ter­neh­men von Apple) ent­wi­ckelt habe. File­ma­ker ist eine Art Daten­bank­an­wen­dungs­er­stel­lungs-Frame­work – grob aus­ge­drückt. ARPA wur­de aus der Not gebo­ren: Wir stan­den mit ORSO plötz­lich vor dem reiz­vol­len Ange­bot für die “Stage Enter­tain­ment AG” im “Thea­ter des Wes­tens” über 220 Shows des Musi­cals “Der Glöck­ner von Not­re Dame” mit Cho­ris­ten aus­zu­stat­ten. 24 Sänger*innen, 8 Shows die Woche, Dop­pel-Shows an Wochen­en­den und Fei­er­ta­gen… und das alles neben unse­rem nor­ma­len Klas­sik- und Cross­over-Spiel­be­trieb in der Phil­har­mo­nie oder beim RBB. Logis­tisch eine Riesenherausforderung: 

Hun­der­te von Sänger*innen müs­sen gecas­tet, trai­niert, aus­ge­bil­det und danach in Dienst­plä­ne ein­ge­teilt wer­den. Die­se sind äußerst kom­plex, da Stimm­fach, Far­be, Volu­men, etc. auf­ein­an­der abge­stimmt sein müs­sen. Dazu soll­te jeder Cho­rist die Mög­lich­keit haben, online sich für Shows vor­mer­ken zu las­sen, um Dienst­plä­ne zu beset­zen. Bei über 200 Shows und Hun­der­ten von Mit­wir­ken­den, die 24 Slots 8 Mal die Woche mit 8 ver­schie­de­nen Stimm­ty­pen bele­gen müs­sen, ist das eine Mam­mut­auf­ga­be für einen Ver­ein in der Kul­tur­bran­che, der fast nur ehren­amt­li­che Mit­ar­bei­ter hat. Kurz­um: Es fal­len inner­halb kür­zes­ter Zeit Unmen­gen von Daten­sät­zen an. 

Alle Akteu­re müs­sen kor­rekt abge­rech­net wer­den. Im Orches­ter wie­der­um heißt das: von allen Betei­li­gen braucht es die Anwe­sen­heits­zei­ten in den ein­zel­nen Pro­ben, da im 15-Minu­ten-Takt abge­rech­net wird. Die Lei­tungs­ebe­ne muss wis­sen, wer ist über­haupt schon im Haus, ist die Trup­pe zur Show- oder Proben/​Konzertbeginn voll­zäh­lig, ist jemand krank? Muss Not­fall­ket­te gestar­tet wer­den? Wer wohnt wie weit mit Öffis vom Thea­ter weg und ist gut bei Stim­me und kann in 60 Minu­ten ein­sprin­gen? Das und noch viel mehr muss­te ARPA in kür­zes­ter Zeit leisten. 

Für die Ent­wick­lung der rudi­men­tärs­ten Basis­funk­tio­nen hat­te ich effek­tiv vier Wochen Zeit und vor­her sowas noch nie gemacht. Eine Bau­stel­le ist ARPA noch bis heu­te. Den­noch wird ARPA seit 2018 inten­siv auch für vie­les ande­re genutzt: Orches­ter­ma­nage­ment, Inven­tur, Logis­tik, Rei­se­or­ga, Mit­fahr­zen­tra­le, Abrech­nung, Beher­ber­gung, Noten­ver­tei­lung, Vor­sin­gen, Pro­be­spie­le, Buch­hal­tung, Biblio­theks­ma­nage­ment, Raum­pla­nung, etc. Ganz beson­ders das Orches­ter­ma­nage­ment wur­de immer wichtiger:

Ein Orches­ter­auf­bau kann ziem­lich kom­plex sein. Bis zu 140 Mit­wir­ken­de sind für eine Mahler-Sin­fo­nie oder eine Rock-Sym­pho­ny-Night nötig. Alle Akteu­re, inkl. Solis­ten, müs­sen enga­giert, koor­di­niert, bewegt und – sofern es sich um Pro­fis han­delt – kor­rekt abge­rech­net und bezahlt wer­den. Die auf­wän­di­ge Kom­mu­ni­ka­ti­on rund um ein Kon­zert­pro­jekt und das Zutei­len von Arbeits­ma­te­ri­al wie Noten, Tex­te, Sound­files für Cho­ris­ten (fürs Trai­ning zuhau­se) sind wei­te­re wich­ti­ge Punk­te, die im alten Sys­tem noch nicht funk­tio­nie­ren. Dazu kommt: Wer spielt bei wel­chem Werk wel­che Stim­me, wel­che Strei­cher sit­zen wann und wo auf wel­cher Posi­ti­on? Wo feh­len noch Musiker*innen? Auf wel­che Daten kann ich zugrei­fen, um im Krank­heits­fall mög­lichst schnell einen Ersatz zu fin­den? Die­se und vie­le wei­te­re Fra­gen soll ARPA 2.0 beant­wor­ten. Uns ist klar, daß wir nicht alles auf ein­mal haben kön­nen, des­halb fan­gen wir beschei­den an und arbei­ten uns Modul für Modul wei­ter vor. Je mehr soli­de Funk­tio­na­li­tät wir am Ende haben, um so bes­ser. Wenn man­che Modu­le län­ger brau­chen, kom­men wir auch damit klar. 

War­um über­haupt ein neu­es ARPA 2.0? 

Es gibt beim alten Sys­tem einen gro­ßen Haken (und noch ein paar klei­ne­re, sehr ner­vi­ge): File­ma­ker-Lizen­zen sind sehr, sehr teu­er. Je mehr Anwen­der gleich­zei­tig Zugriff haben sol­len, des­to höher die Lizenz­ge­büh­ren. Das beläuft sich schon mal auf über 3000€ pro Jahr. Dazu muss noch ein leis­tungs­star­ker Mac rund um die Uhr lau­fen mit per­ma­nen­tem Zugang per DynDns oder fes­ter IPadres­se von außen. Statt selbst zu hos­ten, könn­te man in die File­ma­ker-Cloud aus­wei­chen, die ist aber noch viel teu­re­rer im Hin­blick auf die Zahl unse­rer User. File­ma­ker ist in man­cher Hin­sicht auch zu unge­lenk, klo­big und zu behä­big, zu lang­sam und immer wie­der insta­bil, wenn es zur web­ba­sier­ten Online-Nut­zung kommt. Es muss vie­les für ver­schie­de­ne Devices sepa­rat ent­wi­ckelt wer­den, unter­schied­li­che Lay­outs für Han­dy und für Desk­top-Nut­zung, man­che Funk­tio­nen sind nativ in File­ma­ker nutz­bar, in der Web-Ver­si­on aber nicht, etc. 

Für den Anfang war das zwar noch “Ok” (es ging ja “nur” um Chor-Dienst­plan), es muss­te eben schnell gehen und Bud­gets vom Auf­trag­ge­ber waren da, um in kür­zes­ter Zeit Ser­ver auf­zu­set­zen, Lizen­zen zu kau­fen um einen “Dienst­plan” ent­wi­ckeln und die App online anbie­ten zu kön­nen. Ohne File­ma­ker hät­ten wir es ver­mut­lich nie geschafft mit hun­der­ten Sängern*innen über 220 Shows in Ber­lin zu stemmen.

Jetzt ist es an der Zeit für ein bes­se­res, moder­ne­res ARPA 2.0. Die­ses wird kom­plett auf Open-Source-Tech­no­lo­gien beru­hen. Es soll modu­lar auf­ge­baut und von uns selbst nicht nur admi­nis­trier­bar son­dern wei­ter­ent­wi­ckel­bar sein. Und nicht nur von uns selbst. ARPA 2.0. wird als Git­hub-Paket der Welt­öf­fent­lich­keit zur Ver­fü­gung gestellt und kann dort von inter­es­sier­ten Insti­tu­tio­nen kos­ten­los her­un­ter­ge­la­den und instal­liert wer­den. Wahl­wei­se gehos­tet bei einem Web­space­an­bie­ter oder auf dem hei­mi­schen Ser­ver. Im Rah­men von 8–9 Work­shops laden wir Akteu­re des Ber­li­ner Kul­tur­le­bens (Schwer­punkt Chöre/​Orchester/​Ensembles) in die Geschäfts­stel­le und zu Zoom-Ses­si­ons ein, um Bedar­fe abzu­fra­gen, Ideen zu dis­ku­tie­ren und die Pro­gram­mier­fort­schrit­te zu bespre­chen, was die nächs­ten Zie­le etc. sein sollen. 

Auf tech­ni­scher Sei­te zum Ein­satz kom­men soll dabei u.a. Python (Backend) , Post­greS­QL (Daten­bank) und Angu­lar, Boot­strap, CSS, SaSS (Front­end). Im Rah­men der Work­shops und Pla­nungs­pha­se kön­nen sich die­se Tech­no­lo­gien auch noch ändern, evtl. wird es doch eine ande­re Daten­bank, eine ande­re Pro­gram­mier­spra­che… dies gilt es her­aus­zu­fin­den. ARPA soll eine SPA (Sin­gle-Page-Appli­ca­ti­on) wer­den. Eine Web­an­wen­dung, die sich auch auf mobi­len End­ge­rä­ten (“mobi­le first”-Gedanke!) gut bedie­nen lässt, sich respon­si­ve ver­hält und wie eine nati­ve Smart­phone-App anfühlt. 

Was das NEUE ARPA 2.0 kön­nen soll und wel­che Funk­tio­nen nach­ge­baut und wel­che ganz neu hin­zu­ko­memn sol­len, sie­he Anla­ge “ARPA – Modu­le und Funk­tio­nen” oder www.mf.arpa.orso.co 

Die Coro­na-Pan­de­mie hat uns aller Kon­zer­te und damit auch einer Men­ge Arbeits­grund­la­ge beraubt. Wir, als Teil der frei­en Musik­sze­ne, könn­ten aus die­ser Kri­se gestärkt her­vor­ge­hen, wenn wir die büh­nen­lo­se Zeit gezielt in digi­ta­le Infra­strut­kur inves­tie­ren könn­ten. Wir hät­ten ger­ne die “maß­ge­schnei­der­ten” Tools im Ein­satz wenn das Kon­zert­le­ben wie­der auf­blüht. Wir wären unglaub­lich stolz, wenn wir Vor­rei­ter im digi­tal “ange­staub­ten” Chor- und Orches­ter­be­trieb sein dürf­ten und ARPA sei­nen Weg in die Insti­tu­tio­nen – auch über Ber­lin hin­aus – fin­det. Wir freu­en uns rie­sig über die Ent­schei­dung der Jury und sehr, sehr dank­bar für die­se groß­ar­ti­ge Chance! 

Sie­he auch Pres­se­mit­tei­lung der Senats­ver­wal­tung für Kul­tur und Euro­pa vom 21. Dezem­ber 2020… (PDF-Down­load): pm_​digitaleentwicklung_​2021

Auf die­ser Sei­te hal­ten wir Sie über Neu­ig­kei­ten zur ARPA 2.0 auf dem Lau­fen­den. Ter­mi­ne, Work­shops, erreich­te Mei­len­stei­ne, Hin­te­grün­de, Mate­ria­li­en wer­den hier künf­tig veröffentlicht.

Letz­tes Update vom Diens­tag, 22. Dezem­ber 2020 12:20 (WR)