(Badi­sche Zei­tung, 03. Novem­ber 2014)
Ener­gi­sche Ausbrüche
Das ORSO kon­zer­tier­te im Frei­bur­ger Konzerthaus

Wer­ke vom Gewicht der neun­ten Sin­fo­nie Anton Bruck­ners oder der “Vier letz­ten Lie­der” von Richard Strauß in einem Kon­zert­pro­gramm zu kom­bi­nie­ren, muss man sich erst ein­mal trau­en. Das Orso, ohne Scheu vor opu­len­ten Zusam­men­stel­lun­gen, tut es. Diri­gent Wolf­gang Roese setzt auf Atta­cke – mit Erfolg: Alle Inter­pre­ta­tio­nen, die am Sams­tag im Frei­bur­ger Kon­zert­haus erklin­gen, sind von musi­ka­li­schem Zug und kla­rer Lini­en­füh­rung gekennzeichnet.

So Richard Strauß’ sin­fo­ni­sche Dich­tung “Tod und Ver­klä­rung”: In flot­tem Tem­po wird eine beträcht­li­che Innen­span­nung auf­ge­baut, die sich immer wie­der in nach­ge­ra­de apo­ka­lyp­ti­schen Aus­brü­chen ent­lädt. Für den luxu­rie­ren­den Klang­zau­ber und die lyri­schen Aus­drucks­valeurs des Spät­ro­man­ti­kers bleibt indes wenig Raum. Laut­stär­ke droht, wie auch spä­ter in Bruck­ners Neun­ter, in rohe Gewalt zu kippen.

Dass das Orso auch anders kann, zeigt sich etwa in Samu­el Bar­bers “Sure on This Shi­ning Night” (op. 13,3), das ruhig, stim­mungs­voll und klang­lich dicht gelingt. In der Bear­bei­tung für Chor und Orches­ter von Wolf­gang Roese domi­niert das gedämpf­te Kolo­rit von Strei­chern und Holz­blä­sern. Der Orso-Chor passt sich klang­lich ein, agiert über­aus soli­de – wie auch in den Aus­zü­gen aus Gus­tav Holsts “Cho­ral Hymns from the Rig Veda”. Roeses eige­nes Werk “Heim­kehr” auf einen Text von Inge­borg Bach­mann zeigt ihn nicht nur als geschick­ten Orchestra­tor, son­dern auch als effekt­si­che­ren Kom­po­nis­ten. Das Orso: Klang­schön und fle­xi­bel, Susan­ne Mül­ler mit leich­tem, aber aus­drucks­star­kem Sopran.

Eva Rydén bestrei­tet Strauß’ “Vier letz­te Lie­der” rou­ti­niert, aber expres­siv, mit jener gro­ßen stimm­li­chen Ges­te, die den Wer­ken ange­mes­sen ist. Das Orches­ter bewahrt die Lie­der mit flüs­si­gen Tem­pi vor der Zer­deh­nung; aus­sa­ge­kräf­tig und schön durch­ge­hal­ten erklingt die Lini­en­füh­rung anfangs von “Im Abend­rot”. Lei­der gehen die wich­ti­gen Flö­ten­parts in der zwei­ten Hälf­te fast ganz unter.

Trotz aller Kri­tik gebührt den Musi­kern gro­ßer Respekt: Nach knapp zwei Stun­den noch die Kraft für eine ener­gi­sche Dar­stel­lung von Bruck­ners monu­men­ta­ler, höchst anspruchs­vol­ler Neun­ter zu fin­den, ist bewun­derns­wert. Mehr Arbeit am Detail der musi­ka­li­schen Gestal­tung (und stel­len­wei­se an der Into­na­ti­on) wäre zwar wün­schens­wert gewe­sen. Pas­sa­gen wie der Ein­satz des gewal­ti­gen Uni­so­no-The­mas im ers­ten Satz ver­feh­len ihre Wir­kung den­noch nicht.

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