Badi­sche Zei­tung, 24. Juli 2016

Gän­se­haut­mo­men­te an der Hochfirstschanze

Stimm­ge­wal­tig und laut­stark prä­sen­tiert das ORSO-Ensem­ble sei­nen Zuhö­rern ein musi­ka­lisch viel­sei­ti­ges Pro­gramm – von der Ope­ret­te bis zum One-Hit-Wonder

TITI­SEE-NEU­STADT. Was für ein Kon­zert. Mit einer Mischung aus Rock, Pop, Musi­cal, Oper und Jazz, teil­wei­se ver­eint in einem Stück, beein­druck­te die ORSO “Rock- Sym­pho­ny-Night” mit einem Ensem­ble von mehr als 200 Musi­kern die Zuhö­rer beim Fes­ti­val an der Hochfirstschanze.

Die Kulis­se:
Am Fuße der Hoch­first­schan­ze erstreckt sich am Frei­tag­abend die gro­ße Büh­ne über die gan­ze Brei­te des begin­nen­den Aus­laufs, wobei die gro­ße Schan­ze im Hin­ter­grund den krö­nen­den Abschluss bil­det. Durch die natür­li­che Stei­gung hat jeder Besu­cher einen guten Blick auf die Viel­zahl an Musi­kern, die, des­to spä­ter der Abend, in Rauch und Schein­wer­fer­licht getaucht sind. Die akus­ti­schen Eigen­hei­ten der Sport­an­la­ge ler­nen Musi­ker und Zuhö­rer gleich zu Beginn des Abends ken­nen: Kurz vor dem ers­ten Stück, Diri­gent Wolf­gang Roese hat­te bereits den Rücken zum Publi­kum gewandt, ertönt vom Ende der Anla­ge, viel­leicht von einem der Ver­kaufs­stän­de, ein Lachen, das in der war­ten­den Stil­le bis zur Büh­ne getra­gen wird und bei Diri­gent, Orches­ter und Publi­kum eben­falls zu einem aus­bre­chen­den Lachen führt.
Das Publi­kum:
Zumin­dest wet­ter­tech­nisch schei­nen die Besu­cher zu wis­sen, wor­auf sie sich ein­las­sen– warm ein­ge­packt und mit Decken aus­ge­stat­tet wol­len sie jedem Wet­ter trot­zen, die ban­gen Bli­cke gen Him­mel erwei­sen sich aber als unbe­grün­det, es bleibt tro­cken. In der Pau­se locken sie genü­gend Essens- und Geträn­ke­stän­de von ihren Sit­zen, nur der Glüh­wein wird bei den fal­len­den Tem­pe­ra­tu­ren ver­misst. Doch wie man in der Pau­se an den freu­dig erreg­ten Gesich­tern lesen kann, wird die Käl­te bei die­ser Kulis­se und solch einem Ensem­ble zur Neben­sa­che. “Wir sind tota­le ORSO Fans”, erzählt etwa Fami­lie Rom­bach aus St. Mär­gen, die schon eini­ge Kon­zer­te von ORSO besucht hat,“aber an der Hoch­first­schan­ze haben wir sie noch nie erlebt, es ist wirk­lich ganz toll”. Vor allem die Mischung der ver­schie­de­nen Musik­stil­rich­tun­gen habe es ihnen ange­tan, “und der Diri­gent, der ist mit Leib und See­le dabei”. Die Besu­cher kom­men nicht nur aus der Regi­on. “Da hat sich die stau­rei­che Fahrt wirk­lich gelohnt”, erzählt eine Grup­pe aus Böb­lin­gen, “wir sind zum ers­ten Mal an der Hoch­first­schan­ze, super Atmo­sphä­re und das Kon­zert ist klasse.”
Das Orches­ter:
Schon beim Ein­stim­mern der Instru­men­te bekom­men die Zuhö­rer eine Ahnung auf die Stimm­ge­walt, die die 200 Musi­ke­rin­nen und Musi­ker zu bie­ten haben. Aus einem Sin­fo­nie­or­ches­ter, einer Rock­band, einem Chor und Solis­ten ist das Rock-Sym­pho­ny-Orches­tra geformt, die dank der Arran­ge­ments von Wolf­gang Roese, künst­le­ri­scher Lei­ter, Diri­gent und Grün­der von ORSO, gemein­sam eine unglaub­li­che Mischung ver­schie­dens­ter Musik­gen­res auf die Büh­ne brin­gen und dabei die gro­ße Insze­nie­rung nicht scheu­en. Das Sin­fo­nie­or­ches­ter klingt mal bedroh­lich, wie bei dem ers­ten Stück, der sin­fo­ni­schen Dich­tung “Pines Of Rome”, in dem die Blä­ser und Pau­ken­spie­ler eine düs­te­re Kulis­se ent­ste­hen las­sen. Mal wird aus den etwa 120 Musi­kern mit Hil­fe der Strei­cher ein flin­ker Bie­nen­schwarm oder ein Raum­schiff, wie bei der Inter­pre­ta­ti­on von David Bowies “Space Oddi­ty”, das an die­sem Abend urauf­ge­führt wur­de. Der stim­men­star­ke Chor, der am Ende der Büh­ne das Orches­ter wie eine Mau­er umrahmt, bil­det oft­mals das ful­mi­nan­te Fina­le eines Lie­des. In der Inter­pre­ta­ti­on von Led Zep­pe­lins “Who­le Lot­ta Love”, in der zunächst das Orches­ter allein den rocki­gen Ton angibt, um schließ­lich am Ende mit der Rock­band, der Solis­tin und dem Chor zusam­men den Refrain anzu­stim­men, wirkt das dann so, als wer­de der Text über die Schan­ze bis weit über Neu­stadt hin­aus getra­gen. Zusam­men­ge­hal­ten wer­den die Musi­ker von den unge­wöhn­li­chen Arran­ge­ments von Diri­gent Wolf­gang Roese. Da wird ein One-Hit-Won­der mit einem Bal­lett­sze­na­rio ver­wo­ben oder ein Rock-Klas­si­ker mit einer bekann­ten Film­mu­sik, und es scheint wie für­ein­an­der gemacht.
Die Solis­ten:
Und dann die­se Solis­ten. Jeder mit einer ganz ande­ren Büh­nen­prä­senz und Klang­far­be, ver­lei­hen sie dem Pro­gramm einen wei­te­ren, beson­de­ren Reiz. Die Musi­cal­sän­ger Alex Mel­cher und Menn­a­na Enna­oui geben den Rock- und Pop­songs wie “Dream On” den nöti­gen Pepp, sodass sich das Publi­kum nur ungern auf den Stüh­len hält. Im Kon­trast dazu sin­gen Bari­ton Gun­nar Schier­reich und Sopra­nis­tin Susan­ne Mül­ler, die die Zuhö­rer mit ihren Stim­men in die Oper ver­set­zen und Gen­res mit­ein­an­der ver­bin­den, die zunächst nicht zusam­men gehö­ren. Schier­reichs Stim­me in dem Pop­li­ed “Angels” von Rob­bie Wil­liams ist so eine Ver­bin­dung, und Susan­ne Mül­ler, die allein schon wegen ihrer Roben eine tol­le Büh­nen­er­schei­nung ist, glänzt in dem Stück “Glit­ter And Be Gay” mit einer vir­tuo­sen Dar­tel­lung der Kuni­gun­de aus dem Musi­cal “Can­di­de”. Und der Stim­me der US-ame­ri­ka­ni­schen Jazz- und Blues­sän­ge­rin Bren­da Boy­kin mag man bei Stü­cken wie “The Man I Love” und “Cheek To Cheek” noch ewig wei­ter zuhören.

Gale­rie Orten­au, 12. August 2016

ORSO „Rock Sym­pho­ny Night” IV in Ötigheim

Mit gro­ßer Erwar­tung pil­ger­ten am 10. August knap­pe 4000 Besu­cher zur Frei­licht­büh­ne nach Ötig­heim, um einem Kon­zert­er­leb­nis der Spit­zen­klas­se zu lau­schen. Das Orches­ter ORSO aus Frei­burg lud ein zu sei­ner Rei­he Rock-Sym­pho­ny Night, in ihrer 4. Aus­ga­be. Die Vor­aus­set­zun­gen waren bei feuch­tem und kal­tem Wet­ter für die Musi­ker nicht gera­de einfach.

Das 200-köp­fi­ge ORSO-Ensem­ble besteht aus 120 Musi­kern, einem 60–80 köp­fi­gem Chor, einer Rock­band und groß­ar­ti­gen Gesangs­so­lis­ten. Es steht unter der Lei­tung des Kom­po­nis­ten, Arran­geurs, künst­le­ri­schen Lei­ters und Diri­gen­ten Wolf­gang Roese, der mit sei­nen jun­gen Jah­ren schon etli­che gro­ße Wer­ke erar­bei­tet und auf­ge­führt hat. Es ist erstaun­lich, mit wel­chem Élan, wel­cher Fein­füh­lig­keit und Inspi­ra­ti­on er es ver­steht das Kon­zert zu füh­ren und es zu musi­ka­li­schen Glanz­stü­cken zu brin­gen. Dabei sind es die beson­de­ren Arran­ge­ments, die das Publi­kum fas­zi­nie­ren, begeis­tern oder verunsichern.

Wolf­gang Roese über­schrei­tet mit sei­nem Orches­ter oft­mals die Gren­zen ver­schie­de­ner Musik­gen­res. Da wer­den sym­pho­ni­sche Musik­dich­tun­gen aus der klas­si­schen E‑Musik, mit Wer­ken von Ravel, Mahler oder Stra­win­sky gemischt mit den Musi­ken von Rock­le­gen­den wie Led Zep­pe­lin, Queen oder Eric Clap­ton aus dem U‑Musik Gen­re. Man merkt es nicht, oder kaum, wenn sich aus einem klas­si­schen Stück die Musik wan­delt in ein bom­bas­ti­sches Stück wie zum Bei­spiel Kash­mir von Led Zep­pe­lin. Selbst Men­schen, die der klas­si­schen Musik nicht so zuge­wandt sind wer­den dadurch ver­zückt und begeis­tert. Und genau das ist es, was der Kom­po­nist Wolf­gang Roese errei­chen will, was ihn mit Stolz erfüllt.

Sym­bio­sen unter­schied­lichs­ter Musik­sti­le und Richtungen

Wenn dann noch Ele­men­te des Jazz und des Musi­cals mit in die­se Kon­zert­rei­he ein­ge­bun­den wer­den, erhält die Bedeu­tung einer Rock Sym­pho­ny Night ein total ande­res Bild. Und so ging es wahr­schein­lich eini­gen Besu­chern, wie auch mir, die sich zuerst mal an die­se Sym­bio­sen der Musik gewöh­nen muss­ten. Um dann aber von der Klang­fül­le, der Stär­ke und der Prä­senz der Pro­gramm­stü­cke begeis­tert zu sein. Die bra­chia­le Stär­ke des Orches­ters, gepaart mit der Musi­ka­li­tät des Cho­res, der mal lei­se, mal laut unter­stüt­zend mit­wirk­te, mach­te jedes Lied zu einem Hör­ge­nuss. Aber auch die lei­sen Töne erzeug­ten eine Span­nung, die sich mehr und mehr auf­bau­te. Dazu gab es dann Solis­ten, die mit ihren wirk­lich tol­len Stim­men die Musik­stü­cke unter­mal­ten und ihnen den beson­de­ren Kick brachten.

Das Pro­gramm war gespickt mit Klas­si­kern der Rock‑, Jazz‑, Pop- und Musi­cal­ge­schich­te. Da war ein Med­ley als Tri­bu­te to Rob­bie Wil­liams, her­vor­ra­gend inter­pre­tiert von Menn­a­na Enna­oui, einer Rock­röh­re aus Marok­ko, die mit ihrer Stim­me in meh­re­ren Solo- und Duett­stü­cken über­zeug­te mit ihrem Part­ner Alex Mel­cher. Alex Mel­cher dürf­te eini­gen bekannt sein aus den Musi­cals “We will Rock you”, wo er den Gali­leo spiel­te, und aus “Hin­term Hori­zont”, wo er Udo Lin­den­berg ver­kör­per­te. Die ame­ri­ka­ni­sche Soul und Jazz­sän­ge­rin Bren­da Boy­kin, immer­hin schon knapp 60 Jah­re alt, riss das Publi­kum bei ihren Inter­pre­ta­tio­nen von “The Man I Love” (Gershwin) und “Cheek to Cheek” und vor allem bei Led Zeppelin‘s “Kash­mir” zu Bei­falls­stür­men hin. Mit Susan­ne Mül­ler, die schon vie­le Jah­re, eben­so wie Gun­nar Schier­reich zum Ensem­ble von ORSO gehö­ren, kamen die eher klas­sisch her­kom­men­den Stü­cke wie „Glit­ter and be gay“ aus dem Musi­cal Can­di­ce oder „Caru­so”, gewid­met dem gro­ßen ita­lie­ni­schen Sän­ger Enri­co Caru­so, zur Gel­tung. Letzt­end­lich noch die Solis­tin Josy San­tos, eine Mez­zo Sopra­nis­tin, die schon an gro­ßen Thea­tern, unter ande­rem am Thea­ter Stutt­gart, spiel­te, und die mit „Los Payaros Per­di­dos“ und dem „Aqure­lo do Bra­sil“ einen Hauch von Latein Ame­ri­ka ins Oval zau­ber­te. Durch das Pro­gramm führ­te mit viel Charme und Esprit das kleins­te Musi­cal­en­sem­ble „Die Stamm­zel­len­for­ma­ti­on“ mit Nini Stadl­mann und Tom van Hasselt.

Das Orches­ter wur­de zum Schluss eupho­risch mit Stan­ding Ova­tions gefeiert

Hin­zu kamen Stü­cke wie „I want it all”, „Who­le Lot­ta Love”, „That‘s the Way”, eine Hom­mage an David Bowie mit „Space Oddi­ty”, „Dream On”. Opu­len­te Musi­ken, die teil­wei­se mit Stan­ding Ova­tions beglei­tet wur­den. Anek­do­te in Bezug auf Beglei­tung war die net­te Dame neben mir, die wie sich bei einem Gespräch her­aus­stell­te, eine ehe­ma­li­ge Cho­ris­tin war, und die bis vor kur­zem selbst bei ORSO mit­wirk­te. Jedes Stück sang oder summ­te sie lei­se vor sich hin, und man spür­te wie ihr Herz noch immer für den Chor schlug. Als mit „Smo­ke on the Water“ von Deep Pur­ple das letz­te Stück ange­kün­digt wur­de hielt es das Publi­kum nicht mehr auf den Sit­zen. Eupho­risch wur­de das Orches­ter gefei­ert und beju­belt. Nicht endend wol­len­der Applaus braus­te auf und so war es klar, dass die Zuga­be kommt. Vier Musik­stü­cke, rockig pop­pig, lus­tig oder auch klas­sisch, wur­den zum Bes­ten gege­ben, ehe mit „We will rock You“ nach 4 Stun­den ein Abend vol­ler Emo­tio­nen, Ein­drü­cken, und neu­en Erfah­run­gen über die Rock Sym­pho­ny zu Ende gin­gen. ORSO kommt im nächs­ten Jahr zwei Mal wie­der in die Are­na der Frei­licht­büh­ne Ötig­heim. Dann ein­mal klas­sisch mit Ver­dis “Requi­em” und mit “Rock Sym­pho­ny V”. Ein Muss für jeden Klas­sik Fan. Und bestimmt wie­der mit mir. (ga)

Rock-Sym­pho­ny-Night IV in Ötigheim

Badi­sche Neu­es­te Nach­rich­ten, 12. August 2016

Gän­se­haut­mo­men­te für die bib­bern­den Fans 

ORSO vor 3.000 Besu­chern auf der Frei­licht­büh­ne in Ötigheim

Wenn hym­ni­sche Blä­ser­fan­fa­ren und zar­ter Strei­cher­schmelz auf har­te Gitar­ren­riffs und grif­fi­ge Bass­li­nes tref­fen und sich zu einer har­mo­ni­schen Ein­heit ver­bin­den, dann nennt man das Cross­over. Mit genau solch einem Brü­cken­schlag begeis­ter­te am Mitt­woch­abend Orso – die Orches­tra & Cho­ral Socie­ty Freiburg/​Berlin unter ihrem quir­lig-enga­gier­ten Lei­ter Wolf­gang Roese. Bei der Rock Sym­pho­ny Night rock­ten mehr als 200 Mit­wir­ken­de Deutsch­lands größ­te Frei­licht­büh­ne, die sich bereits zum vier­ten Mal nach 2012 in einen Frei­luft-Rock­pa­last ver­wan­delt hatte.

Rund 3 300 bib­bern­de Besu­cher kamen bei fros­ti­gen Tem­pe­ra­tu­ren in den Genuss einer opu­lent insze­nier­ten Show unter dem Mot­to Rock meets Clas­sic, der es an Gän­se­haut­mo­men­ten nicht man­gel­te. Auch nach drei­ein­halb Stun­den woll­te fast kei­ner nach Hau­se, vor­aus­ge­setzt er war warm genug ein­ge­packt. Zumin­dest reg­ne­te es nicht, als die für ihre klang­ge­wal­ti­gen Ton­ge­mäl­de bekann­ten Orsonau­ten den Zuschau­ern stimm­ge­wal­tig, laut­stark und vor allem gut einheizten.

Den furio­sen Auf­takt mach­te das Orches­ter mit der düs­ter-bedroh­lich begin­nen­den, sich lang­sam auf­bau­en­den und zum atem­be­rau­ben­den Cre­scen­do stei­gern­den sin­fo­ni­schen Dich­tung Pines Of Rome, um wenig spä­ter der bri­ti­schen Rock­band „Queen“ mit einem kna­cki­gen I Want It All oder KC And The Suns­hi­ne Band mit einem kom­plex arran­gier­ten That’s The Way zu hul­di­gen. Die bril­lan­ten Musi­cal­sän­ger Alex Mel­cher und Menn­a­na Enna­oui erwie­sen unter ande­rem Rob­bie Wil­liams ihre Reve­renz, wäh­rend Gun­nar Schier­reich und Susan­ne Mül­ler die Zuhö­rer in die Oper ent­führ­ten. Tenor Schier­reich glänz­te mit Caru­so, Sopra­nis­tin Mül­ler bril­lier­te mit ihrer glas­kla­ren, selbst in den höchs­ten Höhen siche­ren Stim­me in Leo­nard Bern­steins Glit­ter And Be Gay aus Can­di­de.

Einen star­ken Ein­druck mach­te die US-ame­ri­ka­ni­sche Jazz- und Blues­sän­ge­rin Bren­da Boy­kin, die mit rau­chi­gem Organ The Man I Love und Cheek To Cheek ins Publi­kum röhr­te und Led Zep­pe­lins legen­dä­rem, gewal­tig orches­trier­tem Rock­song Kash­mir, der mit Ver­dis Dies Irae aus dem Requi­em ein­ge­lei­tet wur­de, erst die rich­ti­ge Wür­ze gab. Rock­röh­re Enna­oui ver­lieh dem Led-Zep­pe­lin-Kra­cher Who­le Lot­ta Love eine ganz eige­ne Note, genau­so wie im Ver­ein mit Boy­kin dem Mothers’s‑Finest-Funkklassiker Baby Love. Josy San­tos, Mez­zo­so­pra­nis­tin aus Bahia/​Brasilien, begeis­ter­te mit feu­rig-tem­pe­ra­ment­vol­len Inter­pre­ta­tio­nen von Astor Piaz­zoll­as Los Paja­ros Per­di­dos und dem Welt­hit Aqua­re­lo do Bra­sil. Nicht feh­len durf­ten Hom­ma­gen an David Bowie und die Beat­les. Mel­cher ent­führ­te mit Space Oddi­ty zu Major Tom in die Wei­ten des Welt­alls, wäh­rend Enna­oui den Fab Four mit einer lang­sa­men, soulig-rau­chi­gen Ver­si­on von Help ihre Reve­renz erwies.

Durch das Pro­gramm führ­ten wit­zig, char­mant und mit einer gehö­ri­gen Por­ti­on (Selbst-)Ironie Nini Stadl­mann und Tom van Has­selt, die nicht nur mode­rier­ten, son­dern als Stamm­zell­for­ma­ti­on – die kleins­te Musi­cal­com­pa­ny der Welt – mit einem sprit­zig-sati­ri­schen, musi­cal-kaba­ret­tis­ti­schen Kurz­pro­gramm den Besu­chern die Lach­trä­nen in die Augen trieben.

Da mitt­ler­wei­le die Tem­pe­ra­tu­ren unter den Gefrier­punkt gefal­len waren, war es am Ende der mit Stan­ding Ova­tions belohn­ten Show höchs­te Zeit für Deep Pur­ples „Smo­ke On The Water“. Wer Orso dies­mal ver­passt hat, kann sich trös­ten: Nächs­tes Jahr kom­men sie wie­der. (Ralf Joa­chim Kraft)

Press­rea­der: Badi­sche Neu­es­te Nachrichten

Badi­sches Tag­blatt, 12. August 2016

Sin­fo­ni­sche Klang­kul­tur und har­te Rockrhythmen

Die musi­ka­li­sche Ener­gie des Abends ist ein­zig­ar­tig – die Kühl­schrank­tem­pe­ra­tur ist es aller­dings auch. Mit einem gut besuch­ten Gast­spiel unter dem Titel Rock Sym­pho­ny Night lässt das Orches­ter ORSO auf der größ­ten und wahr­schein­lich schöns­ten Frei­licht­büh­ne Deutsch­lands in Ötig­heim sagen­haf­te Klang­wel­ten auf­le­ben. Und immer­hin: Punkt­ge­nau zum Kon­zert­be­ginn hat der Regen ein Ein­se­hen. Cross­over heißt das Zau­ber­wort die­ses in Frei­burg ansäs­si­gen Rie­sen­en­sem­bles nebst Chor, das ein Gren­zen spren­gen­des Pro­gramm zwi­schen sin­fo­ni­scher Klang­kul­tur und har­ten Rock­rhyth­men bie­tet. Einst ent­stan­den aus den zar­ten Anfän­gen einer Etten­hei­mer Schul­band, ist ORSO seit eini­gen Jah­ren ein Garant für drei Stun­den puren Musikgenuss.

Sat­ter Orches­ter­klang sorgt für gefühl­te Wärme

Wolf­gang Roese, der Domp­teur am Diri­gen­ten­pult, ist bekannt für sei­ne aus­ge­feil­ten Arran­ge­ments; so mixt er mun­ter in sei­nen Ton­col­la­gen Stra­win­skys Bal­lett­mu­sik Petrusch­ka mit einem Dis­co-Hit aus den 1970er Jah­ren, That’s The Way I Like It der damals popu­lä­ren Grup­pe KC & the Suns­hi­ne Band. Die­ses ziem­lich schrä­ge Ergeb­nis aus auf den ers­ten Blick unver­ein­ba­ren Zuta­ten beweist, dass Musik­gren­zen dazu da sind, um über­wun­den zu wer­den. Als Hors d’o­eu­vre jedoch ser­viert Roese erst­mal ein rich­tig klas­si­sches Stück, bei dem ein sat­ter Orches­ter­klang für gefühl­te Wär­me sorgt.

Der vier­te Satz aus Res­pighis sin­fo­ni­scher Dich­tung Pini­en von Rom beschwört ima­gi­när einen süd­li­chen Som­mer­abend her­auf. Gleich meh­re­re Vokal­so­lis­ten hat ORSO nach Ötig­heim mit­ge­bracht, alle­samt Spe­zia­lis­ten in ihrem jewei­li­gen Fach. Dazu gehört bei­spiels­wei­se die Stamm­zell­for­ma­ti­on, bestehend aus Nini Stadl­mann und Tom van Has­selt, die mit viel Witz auch als Mode­ra­to­ren-Duo durch das Pro­gramm führen.

Viel­sei­tig­keit bei den Solisten

Bei­de kom­men aus der Musi­cal-Welt, wie unschwer beim Med­ley aus kür­zes­ten Kost­pro­ben von Cats bis Caba­ret her­aus­zu­hö­ren ist. Dass Gun­nar Schier­reich eher im klas­si­schen Umfeld zu ver­or­ten ist, wird ob sei­nem beein­dru­cken­den Stimm­vo­lu­men in einem Tri­bu­te an Rob­bie Wil­liams deut­lich. Da kann Alex Mel­cher mit sei­nem schlank geführ­ten Tenor nicht ganz mit­hal­ten. Die in Marok­ko gebo­re­ne Menn­a­na Enna­oui über­zeugt bei die­sen kom­pri­mier­ten Hits aus dem Reper­toire des ehe­ma­li­gen Take That Sän­gers mit ihrer soul­be­ton­ten Stim­me auf gan­zer Linie. Beim Queen-Klas­si­ker I want it all heu­len dann auch zum ers­ten Mal die Gitar­ren der Rock­band auf, und wenn die Strei­cher des ORSO in Apo­ca­lyp­ti­ca-Manier die Bögen auf die Sai­ten don­nern las­sen, kün­det sich Who­le Lot­ta Love von Led Zep­pe­lin an, bei dem man sich nicht genau sicher ist, ob da statt Enna­oui nicht doch Robert Plant den psy­che­de­li­schen Rock­shop bedient.

Ganz stark auch der Auf­tritt der nicht mehr ganz tau­fri­schen Soul­queen Bren­da Boy­kin, die heu­er in Ötig­heim mit zwei Broad­way-Klas­si­kern ihre nach­hal­ti­ge Visi­ten­kar­te abgibt. Mit viel Strei­cher­schmelz wird Gershwins? The Man I Love eröff­net, es sorgt für sam­ti­ge Momen­te in die­sem Frei­luft-Rock­pa­last. Die aus Bra­si­li­en stam­men­de Josy San­tos zählt zu den High­lights die­ser an voka­len Qua­li­tä­ten rei­chen Show. Die an der Oper Stutt­gart enga­gier­te Mez­zo-Sopra­nis­tin glänzt, gut grun­diert, mit klug ein­ge­setz­ten dyna­mi­schen Fein­hei­ten bei Astor Piaz­zoll­as? Tan­go Los Paja­ros Per­di­dos. Da haben die ansons­ten in Ötig­heim oft mittril­lie­ren­den Amseln längst den olym­pi­schen Wett­kampf mit den mensch­li­chen Stim­men auf­ge­ge­ben. Und bevor die­ser auf­re­gen­de Som­mer­abend mit Smo­ke On The Water von Deep Pur­ple zu Ende geht, flie­gen die Klän­ge des Orches­ters und dem Solis­ten Alex Mel­cher in den Musi­ker­him­mel zu David Bowie auf. Ein biss­chen viel Bom­bas­tik für­wahr, was dabei der Chor da into­niert, aber um zum kürz­lich ver­stor­be­nen Super­star zu gelan­gen, muss der Sound schließ­lich durch den mehr als grau­en Him­mel nach oben strö­men. Enthu­si­as­tisch der ver­dien­te Bei­fall. (Udo Barth)