(Badi­sches Tag­blatt, 27. August 2014)
Über­wäl­ti­gen­der Klangapparat

Der Sound trägt bis nach Ötig­heim hin­ein. Wenn die Orches­tra & Cho­ral Socie­ty, kurz ORSO, los­legt, wird der Zuhö­rer erst ein­mal von einer opu­len­ten Klang­wo­ge über­rollt und stellt fest: es macht Spaß, davon über­rollt zu wer­den. So konn­te auch sint­flut­ar­ti­ger Regen das Publi­kum nicht vom Besuch der Rock Sym­pho­ny Night III auf der Frei­licht­büh­ne abhal­ten. Schwie­ri­ger war es, die vie­len Musi­ker tro­cken unter­zu­brin­gen. Der Chor fand Platz unter der halb­run­den Über­da­chung, auch die meis­ten Holz- und Blech­blä­ser, das Schlag­werk, die Solis­ten und die Strei­cher blie­ben im Tro­cke­nen. Die vier Jungs der Rock­band hat­ten seit­lich ein Par­ty­zelt für sich. Nur die Hör­ner duck­ten sich unter zweck­ent­frem­de­te Son­nen­schir­me wäh­rend Regen­trop­fen hör­bar auf das Mikro­fon tra­fen. Das tat dem mit­rei­ßen­den musi­ka­li­schen Schwung der Rock Sym­pho­ny Night in Ötig­heim kei­nen Abbruch.
Wolf­gang Roese, Grün­der und Lei­ter von Orso, war mit vol­lem Kör­per­ein­satz bei der Sache und wech­sel­te mit­ten in den Stü­cken vir­tu­os zwi­schen Diri­gen­ten­pult und Flü­gel. Die Hits aus Rock und Pop hat er selbst für gro­ßes Orches­ter, Chor und Solis­ten arran­giert. Immer gern genom­men, es ist ja auch tol­le Musik, wer­den Titel von Queen. The Show must go on erhielt von Orso ener­gie­ge­la­de­nen Dri­ve, die Solis­ten Goele de Raedt, Sascha Lien und David Micha­el John­son san­gen kraft­voll. Eine ful­mi­nant inter­pre­tier­te Num­mer. Nur die melan­cho­li­sche Schär­fe, die Fred­dy Mer­cu­ry dem Text ver­lieh, die war nicht zu finden.
Zwi­schen­durch braucht so ein Pro­gramm einen ruhi­gen Moment. Roese hat dafür Music von John Miles aus­ge­wählt. Selbst die Noten hiel­ten sich an die Dra­ma­tur­gie, erst zum Schluss­ak­kord segel­te das Blatt vom Flü­gel zum Boden. Die bel­gi­sche Musi­cal­sän­ge­rin Goele de Raedt zeig­te die Aus­drucks­fä­hig­keit ihrer wand­lungs­fä­hi­gen Stim­me in der Wie­der­ga­be von Out here on my own aus Fame. Aus die­sem Musi­cal stammt auch Never alo­ne, vom Orso-Chor in einen zün­den­den Auf­tritt verwandelt.
Wolf­gang Roese kam über die Klas­sik zur soge­nann­ten U‑Musik und über das Schul­or­ches­ter zu dem über­wäl­ti­gen­den Klang­ap­pa­rat, den das Orso-Orches­ter heu­te dar­stellt. Rich­tig span­nend wird es, wenn U und E, also Pop und Klas­sik, ver­knüpft wer­den. Aus dem Depe­che-Mode-Titel Wai­ting for the night schuf Roese etwas völ­lig Neu­es. Er trimm­te den Orches­ter­part auf klas­sisch und brach­te die schil­lern­den Far­ben des Schlag­werks zur Gel­tung, setz­te den Chor­satz in zeit­los moder­nen Stil, und füg­te mit Susan­ne Mül­ler und Gun­nar Schier­reich zwei kul­ti­viert geführ­te Opern­stim­men hinzu.
Klas­sik pur hat Orso auch drauf. In rasan­tem Tem­po gab das Orches­ter die Ouver­tü­re zu Leo­nard Bern­steins Musi­cal Can­di­de und unter­strich dabei die zir­zen­si­schen Ele­men­te dar­in. Susan­ne Mül­ler brach­te in ihrer Inter­pre­ta­ti­on der Arie Glit­ter and be gay aus Can­di­de glän­zend die zwei Sei­ten Kuni­gun­des, der Toch­ter aus gutem Hau­se, zur Gel­tung. Auf der einen Sei­te beklagt Kuni­gun­de ihre ver­lo­re­ne Ehre. Aber auf der ande­ren Sei­te, und da ließ Susan­ne Mül­ler die Kolo­ra­tu­ren fun­keln, liebt Kuni­gun­de das Geld und den Schmuck, mit dem ihre rei­chen Lieb­ha­ber sie beloh­nen. Gun­nar Schier­reich bestach in sei­ner Cover-Ver­si­on von Sina­tras Hit My Way durch sei­ne schö­ne Stimme.
Bren­da Boy­kin gab mit ihrer herr­lich dunk­len, üppi­gen Stim­me It’s rai­ning Men und Gold­fin­ger gran­di­os. Sascha Lien wie­der­um spiel­te gekonnt mit sei­ner Ähn­lich­keit mit Mick Jag­ger. David Micha­el John­son brach­te nicht ganz so viel voka­le Power mit, ergänz­te aber gut gelaunt und sou­ve­rän die Solis­ten­en­sem­bles. Unter­halt­sam, musi­ka­lisch reich­hal­tig und abwechs­lungs­reich sorg­ten Roese und Orso auch bei schlech­tem Wet­ter für blen­den­de Stim­mung im Publi­kum. (Nike Luber)